WIE WINDKRAFTANLAGEN DEN WALD VERÄNDERN · Eine Analyse von Rainer Hauch

Ein Industriegebiet im Grünen

Bei Windkraftanlagen, die in Waldgebieten aufgestellt werden, beginnt die Beeinträchtigung der Natur bereits vor dem eigentlichen Bau. Um die riesigen Bauteile der Anlage an den Aufstellort zu transportieren, braucht es grosse Schwertransporter, und zum Aufstellen der Anlagen braucht es Autokrane der grössten Kategorie. Diese können unmöglich auf den vorhandenen Waldwegen fahren. Die Wege müssen deutlich verbreitert, teilweise sogar ganz neu gebaut werden. Zu den Standorten der geplanten Windkraftanlagen gibt es keine direkte Zuwegung. Das bedeutet: Es werden Schneisen in den Wald geschlagen und zahlreiche Bäume gefällt. Unser Hochwald wird regelrecht zerstückelt. Auch der Untergrund der Wege muss stark verfestigt werden. Man kann sich vorstellen, welchen Lärm das verursachen wird, mitten in der schönen Natur des Hochwaldes. Und bei 15 Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von teilweise mehr als 250m kann man sich kaum vorstellen, was schon nur der Wegebau für unseren Wald bedeutet. Man bedenke dabei: Die geplanten Windkraftanlagen sollen im Herzen unseres Waldes installiert werden, nicht am Rand!

Im Hochwald müssen bestehende Wege verbreitert und verdichtet werden, auch neue Waldstrassen werden gebaut

Schwerste LKWs, wie hier beim Bau einer Windkraftanlage bei Pellingen, müssen durch den Wald fahren können

Grosse Löcher im Hochwald

Der nächste erhebliche Eingriff in den Wald erfolgt beim Aufstellen der hohen Windkraftanlagen. Hier muss Freiraum geschaffen werden, um den Masten im Boden sicher zu verankern. Riesige Mengen an Beton bilden das Fundament. Und dann kommt der Autokran. Er braucht einen gewissen Aktionsradius. Das bedeutet: Rund um die Aufstellposition der Anlage muss eine grosse Fläche gerodet werden. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Naturschutz benötigt man für jeden einzelnen Mast eine Freifläche von 0,2 bis 1 Hektar. Von der Natur bleibt dabei nichts übrig, nur grauer lebloser Schotter bedeckt dann den ehemaligen Waldboden. Wie das aussieht, könnt ihr auf den Fotos sehen oder auf Google-Earth, wenn ihr den Judenkopf bei Britten von oben anschaut. Oder wandert selbst einmal dorthin, dann könnt ihr es persönlich und live vor Ort erleben, pro Windrad ist es eine Fläche von einem halben Fussballplatz.

Die Baumaschinen, die bei der Erstellung des Fundaments benötigt werden, sind nicht leise. Das Fundament muss tief im Boden angelegt werden, um den bis zu 164m hohen Mast zu halten. Die Planer sprechen davon, dass der Baulärm vom Wald gedämpft wird. Die Tiere, die im Wald leben und bisher nur die Ruhe des Waldes kannten, werden das anders wahrnehmen, und die Menschen, die die Ruhe des Waldes suchen, um sich vom Alltag zu erholen, wohl auch.

Die benötigten Freiflächen zum Bau und zur Wartung der Anlagen im Wald sind beträchtlich

Am Judenkopf bei Britten kann man sehen, wie gross die leblosen geschotterten Flächen mitten im Wald sind

Die Waldstrassen werden bleiben

Steht die Anlage, werden die grossen Waldstrassen und die gerodeten Aufbauflächen nicht verschwinden, denn die Windräder müssen gewartet werden. Wer also denkt, der Verkehr im Wald wäre nach dem Aufbau beendet, wird sich täuschen. Natürlich ist das Verkehrsaufkommen im Wald nicht mehr so hoch wie beim Bau, aber es braucht eine regelmässige Wartung und Kontrolle, und die Monteure kommen kaum mit dem E-Bike. Die ruhigen Zeiten im Hochwald sind dann wohl vorbei, denn 15 Windräder bedeuten 15x Teile ersetzen und regelmässig überprüfen. Und Rotoren müssen geschmiert werden, mit einer beträchtlichen Menge Öl, vor allem in dieser Grösse. Einfach in der Luft verfliegen wird der Schmierstoff nicht, davon kann man ausgehen.

Die verbreiterten Wege werden den Hochwald zerteilen

Um die Anlagen herum bleiben für Jahrzehnte leblose Schotterwüsten mitten im Hochwald

Man wird sie hören – ganz sicher

Und dann läuft die Windkraftanlage, zumindest bei Wind. Die riesigen Flügel machen Lärm, auch wenn die Betreiberfirmen immer wieder beschwichtigen. Die VSE beruft sich auf Messungen aus Bayern, die angeblich ergaben, dass man die Geräuschentwicklung bei aktuellen Windrädern bei Einhaltung  der gesetzlich vorgeschriebenem Distanz zu Wohngebieten nicht einmal messen könne. Indessen kann man im Neubaugebiet Eichenwäldchen in Bergen die Windkraftanlagen vom Judenkopf auch bei einem Abstand von mehr als 2 Kilometern bei Westwind noch deutlich hören. Schaut man genau auf solche Argumentationen, stellt man fest, dass es Messungen waren, die vor Ort von der Stromindustrie beauftragt wurden. Dass das Ergebnis da natürlich nicht zu ihren Ungunsten ausfallen darf, dürfte jedem klar sein. Die Geräuschentwicklung für uns Menschen ist das eine, der Rotorlärm für die Tiere im Wald das andere. Wir sprechen ja nicht von einem Windrad, sondern von 15 geplanten Anlagen! Die Tiere im Hochwald haben den gesetzlich vorgeschriebenen (wenn überhaupt ausreichenden) Abstand von 1000m nicht. Würde man um jede geplante Anlage einen Kreis mit 1000m Radius legen, liesse sich sofort erkennen: Unsere Tiere im Hochwald haben keine Chance auszuweichen, es bleibt ihnen keine Fläche ohne Geräuscheimmissionen mehr! Schliesslich darf man nicht vergessen, dass die Rotoren auch Lärm in Frequenzen verursachen, die wir Menschen gar nicht hören können, Tiere aber schon!

Was man auch noch bedenken muss: Die riesigen Rotorblätter haben einen Drehdurchmesser von nahezu 200 Metern! Stellt euch mal vor, ihr seid ein Vogel der über den Baumwipfeln des Hochwaldes seine Kreise dreht. 15 mal riesige Drehflügelräder, die den Tod bedeuten können!

Windräder verursachen deutlich hörbaren Lärm unter dem die Menschen und die Tiere leiden

Für viele Vögel sind die riesigen Rotoren eine tödliche Gefahr

Keine Erholung mehr

Der Wald ist für uns Menschen ein wichtiger Rückzugsort, ein Ort der Erholung. Kein Wunder, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Wanderwege neu angelegt. Sie sind sehr beliebt und wurden von führenden Wanderorganisationen in Deutschland ausgezeichnet. Aber was macht das Wandern und überhaupt das Verweilen im Wald aus? Es ist die ungestörte Ruhe, die unbeschwerte Freiheit, die man fühlt, dieser Frieden, den man spürt. Weg vom Alltag, dem Lärm der Strassen, grossen Siedlungen und Industrien. Das wird in unserem Hochwald dann nicht mehr sein, sollten diese Windkraftanlagen verwirklicht werden. Andauernd hätte man die riesigen Masten und Windräder im Blick, und man würde sie hören. Unbeschwert ist das nicht mehr. Es ist immer ein ungutes Gefühl, wenn man in der Nähe dieser riesigen Stromerzeuger ist. Das ist keine Freiheit mehr, und erholsam ist das auch nicht. Wer wissen will, wie es sich anfühlt, kann das ausprobieren. Wandert zum Beispiel mal von Britten zum Hundscheider Weiher und dann via Judenkopf zurück. Ihr werdet spüren, was es bedeutet, wenn diese Riesen auftauchen und bedrohlich über euch drehen. Und das sind noch verhältnismässig kleine Windräder, die geplanten sind deutlich grösser! Auf jeden Fall ein bedrohliches Gefühl, Erholung ist anders! Und das wird dann im gesamten Hochwald zwischen Britten bis Waldhölzbach ohne Unterbruch so sein!

Unter riesigen Windkraftanlagen ist es nicht erholsam – auch Wandern macht dort keinen Spass

In einen solchen Wald möchte man nicht – und Erholung findet man hier ganz sicher nicht mehr

Willkommen am Flughafen

Wenn es Nacht wird über dem Hochwald, wird man die Windkraftanlagen nicht sehen müssen. So denkt man, aber diese riesigen Masten benötigen eine gute Beleuchtung, damit sie auch im Dunkeln von Flugzeugen gesehen werden können. Das bedeutet, dass jede Windkraftanlage mit hell blinkenden roten Lichtern ausgestattet ist, die man noch von vielen Kilometern Entfernung her sehen kann. Bei 15 neuen Anlagen und bereits 5 bestehenden Windrädern kommt da recht viel zusammen. Wenn man dann am Abend von Losheim her nach Bergen, Scheiden oder Waldhölzbach fährt, oder von Zerf nach Greimerath, dann fühlt man sich wie an einem Flughafen. Was die Tiere im Wald davon halten, das weiss noch niemand so richtig, man kann aber wohl davon ausgehen, dass sie es nicht sonderlich mögen werden, so wie die Menschen, die dort leben, auch nicht.

Über dem Wald bei Britten blinken bereits die roten Leuchten der WKAs

Fertig mit schöner Landschaft

Und dann haben wir ja noch die Zerstörung des Landschaftsbildes. Ist es nicht das, was die Region ausmacht? Die grossen Wälder, das viele Grün, diese grossartige Natur? Selbst Freunde aus der Schweiz waren begeistert! Ein so grosser Wald in Deutschland, durch den man problemlos 20 und mehr Kilometer laufen kann, ohne ein einziges Bauwerk zu sehen. Das gibt es in der Schweiz nur noch im Nationalpark. Im Hochwald haben wir das noch.

Als die Freunde meines Laufclubs vor einigen Jahren zum ersten Mal die Windkraftanlagen am Judenkopf sahen, waren sie entsetzt.

Ja, man kann sagen, wir opfern unseren Wald für ein Industriegebiet in der Natur. Laut einer (ebenfalls von der Deutschen Wildtier Stiftung in Auftrag gegebenen und daher kritisierten) Emnid-Umfrage lehnen mehr als drei Viertel der befragten Menschen hier zu Lande einen weiteren Ausbau der Windkraft im Wald ab. Ich glaube dieser Umfrage, wer will schon riesige Monsterräder in seinem Wald.

Das Foto zeigt, wie die «nur 5» Windräder am Judenkopf das Landschaftsbild in Bergen heute bereits beeinflussen

Auch in Greimerath ist die Landschaft heute bereits nicht mehr nur natürlich

Am Losheimer See sieht man die 5WKAs von Britten heute schon – und 15 weitere sollen folgen